FC und kein Ende ... Was ich immer schon mal klarstellen wollte
Die Anregung zu den folgenden Ausführungen bekam ich, nachdem ich den Aufsatz von Andrea Alfare`, „FC gestern und heute/Zeit, ein wenig aufzuräumen“ (in: Unterstützte Kommunikation 4/2019, S. 24ff.) gelesen hatte. Ich schrieb meine Gedanken in mein Tagebuch. Darum die genauen Datumangaben.
29.01.2020
Ich denke über die Anfänge nach und kann nur wiederholen, dass ich vieles lernte, bevor das Schreiben begann. Neben praktischen Fertigkeiten lernte ich, Begriffe verstehen und nachzusprechen.
Circa 365 Begriffe waren es, als Vater von einer dreimonatigen Kontaktreise aus Afrika zurückkam. Aber er staunte nicht einmal. Dann wurde mir beigebracht, dass man die Wörter schreiben konnte. Kein Problem für mich. Aber ich tat so, als müsse ich das neu lernen.
Ich machte Vorübungen zum Schreiben, seitenweise - - - - - - - - - - -
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Und dann lernte ich Schreibschrift. Mutter fasste mich dabei diskret an. Wie sie das machte, kann ich nicht sagen.
Aha-Erlebnisse. Ich schrieb, was von mir kam und nicht vorgegeben war. Mit dem, was später als FC nach Crossley verbreitet wurde, hatte das nichts zu tun. Wir kannten auch Oppenheims Arbeiten nicht (Oppenheim, Rosalind, Effctive Teaching. Methode for Autistic Children, 1974). Das muss ich vorausschicken, bevor ich etwas zu Crossleys Ansatz sage.
Alfares Aufsatz betrifft mich nur soweit, als ich, nachdem Crossleys Methode in Deutschland bekannt geworden war, versucht habe, die Kriterien zu erfüllen, und am eigenen Leibe gemerkt habe, dass ich Probleme mit der Auge-Hand-Koordination habe. Das muss man üben, so wie Crossley es wollte. Ich lernte es, aber die Koordination musste von Zeit zu Zeit neu errungen werden. Insofern kann ich mitreden, wenn es um FC und Crossleys Anforderungen geht.
Aber warum soll nur akzeptabel sein, was Crossley erarbeitet hat? Es gab in der Geschichte noch andere beeindruckende Versuche, nicht sprechende Menschen zur Kommunikation über das Schreiben zu bringen (s. Oppenheim).
In meinem Buch „Autismus und Körpersprache“ (2001) befindet sich ein Anhang zum Thema „Gestützte Kommunikation (FC)“. Das Thema, das kontrovers diskutiert wurde, hat mich damals sehr beschäftigt. Ich übersetzte etliche Aufsätze aus dem Englischen. Ich stieß dabei auch auf den Namen Rimland, ein Autismusexperte, der einen autistischen Sohn hat. Er berichtet (Rimland, Bernhard, in Autism Research Review International, 1991), dass es in den 60-er Jahren des vorigen Jahrhunderts, also zu einer Zeit als ich noch nicht geboren, autistische und andere nicht sprechende Menschen gab, die über das Schreiben kommunizieren konnten. Man glaubte den Eltern nicht, wenn sie davon berichteten. Dass sich Crossley später mit ihrem Ansatz in Amerika und Europa durchsetzen konnte, aber auch angegriffen wurde, scheint nur ein Zufall zu sein.
Ich kenne die Literatur zum Thema recht gut
Es fehlt eine Übersicht über die Ansätze, nicht sprechenden Menschen über das Schreiben Kommunikation zu ermöglichen.
30.1.2020
Auge-Hand-Koordination
Wenn sich die Hand nicht zeitgleich auf das zubewegen kann, was ich fixieren soll, entsteht eine Irritation.
Beispiel: Ich will ein A tippen, aber während ich die Hand in Bewegung setze, verliere ich das Fixierte aus dem Bewusstsein. Darum ist es hilfreich, wenn mich jemand stützt und mir hilft, das A anzusteuern. Da ich den Buchstaben schon fixiert hatte, kann ich die Hand des Stützers/der Stützerin in die richtige Richtung manipulieren.
Ich komme zu dem Ergebnis, dass ich den Stützer/die Stützerin bewege. Wie ich das mache, bleibt ein Geheimnis.
4.2.2020
Studien zu FC
Meines Wissens gibt es keine Studien, die die Urheberschaft beim Schreiben mit der Hand geprüft haben. Darum kann man nicht behaupten, das gestützte Schreiben sei allgemein widerlegt. Ich fühle mich darum gar nicht angesprochen, wenn behauptet wird, dass gestützt Geschriebenes vom Stützer manipuliert wurde.
Warum wurde so selten ausprobiert, ob jemand mit der Hand schreiben lernen kann, wenn man die Schreibhand stützt?
Man sollte klarstellen, dass in Australien, Amerika und Europa ausschließlich das gestützte Schreiben nach Crossley propagiert und dann kontrovers diskutiert wurde.
Auswahl meiner Veröffentlichungen zum Thema FC
Zöller, Dietmar, Was ich von der gestützten Kommunikation halte, in: Autismus und Familie, Tagungsbericht, Hg. Bundesverband Hilfe für das autistische Kind, Hamburg, 1995, S. 130 ff.
Zöller, Dietmar, Meine Erfahrungen mit dem „Gestütztwerden“, in:
Unterstützte Kommunikation-ISAAC`s Zeitung, Heft ½ Karlsruhe, 2000, S. 37 ff.
Zöller, Dietmar, Autismus und Körpersprache, Berlin, 2001
Zöller, Dietmar, Gestützte Kommunikation (FC): Pro und Contra, Berlin 2002
Zöller, Dietmar, Wenn Spracherwerb nicht zum Sprechen führt. Ein Erfahrungsbericht in: mitSprache. Österreichische Gesellschaft für Sprachheilpädagogik 2/2005
Zöller, Dietmar, Autismus und Alter, Berlin 2006
Zöller, Dietmar, Kathrin ist autistisch, Berlin 2010
Zöller, Dietmar & Marlies, Warum hilft es vielen autistischen Menschen, wenn man sie stützt?, in: A.Alfare`, T. Huber-Kaiser, F. Janz, T. Klauß (Hrsg.) Facilitated Communication. Forschung und Praxis im Dialog, S. 134 ff.
Zöller, Dietmar, Nichts geht automatisch, Berlin 2011
Zöller, Dietmar, Schreiben ist eine gute Medizin, 2013
Mukhopadhyay, Tito, Wie soll ich sprechen, wenn sich meine Lippen nicht bewegen? (aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Dietmar Zöller) Berlin 2017
Zöller, Dietmar, AUTISMUS Zeitschrift des Bundesverbandes AUTISMUS Deutschland e.V., 2018 S. 44 ff.